In diesen Zeiten….
Wenn die Welt so schwer zu ertragen ist, wenn das Böse so laut poltert, schreit und Deine Aufmerksamkeit verlangt… wenn Du diesem Tumult dann Deine Aufmerksamkeit schenkst, die Unruhe bei Dir landet… dann, dann hat das Böse gewonnen.
Aber erst dann. Und es ist ja so leicht, sich in diesen Irrsinn hineinziehen zu lassen, nicht wegschauen zu können, Nackenschmerzen vom Kopfschütteln zu bekommen.
Ich bin voller Bewunderung für die Bischöfin, die Trump und seinem Gefolge gestern, bei der Amtsübernahme in die Augen geschaut hat, und ihn daran erinnert hat, was seine Aufgabe wäre. Die Pausen in ihrer Rede bewußt gesetzt hat, um ihren Worten Raum zu geben. Die gesagt hat, daß viele Menschen gerade Angst haben. Das hat sie hervorragend gemacht.
Eine starke, moderne Gesellschaft, wie ich sie mir wünsche und vorstelle, hat den Schutz des Schwächeren als oberstes Gebot. In der Gesellschaft, von der ich träume, steht das Wohlbefinden der Bürger eines Landes im Mittelpunkt. Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und Universitäten haben Priorität. Eine Wirtschaft, die zukunftsorientiert denkt, Müll und Abgase bereits bei der Produktion vermeidet, eine Wirtschaft, die nicht auf einen verrückten Über-Konsum von Billigwaren aufbaut, sondern ressourcenschonend Qualitätsprodukte produziert. Und die Wirtschaft soll den Menschen dienen, nicht umgekehrt.
Ich habe jahrelang in einer Bank gearbeitet. Das oberste Ziel in der Vermögensanlage-Abteilung ist immer – ganz automatisch – Steuern zu sparen. Warum eigentlich? Ich habe das nie verstanden. Wenn Du gutes Geld verdient hast, dann trag` auch Deinen Teil dazu bei, daß es der Gesellschaft und Infrastruktur, die Dir das ermöglicht hat, gut geht.
Der Witz an der Sache ist ja, daß, sobald man bestimmte Einkommensgrenzen überschreitet, dann wird es recht einfach mit dem Steuern sparen. Aber erst dann. Bedeutet, daß die normalen und durchschnittlichen Einkommen die Haupt-Steuerlast tragen… nicht die, die wirklich und ernsthaft Geld haben… diese Gruppe hat sehr viele Möglichkeiten, ums Steuern-zahlen drumherum zu kommen.. Ich habe mich immer gefragt, warum. Weil ich finde, daß wir alle zum Gemeinwohl beitragen müssen.
Und überhaupt, wer sind denn die Leistungsträger eines Landes? Die CEOs? Oder diejenigen, die sich in den Kitas von kleinen Schnupfnasen anniesen lassen und Äpfelchen schnippeln oder den Kranken die Hände halten? Die Sozialarbeiter, die sich in der Kälte und Hitze um Obdachlose kümmern? In einem Interview mit Frau Miosga hat Herr Merz die Menschen als Leistungsträger bezeichnet, die 12.500 brutto verdienen… ach so? Ich sehe das anders. In der Bank haben so viele Menschen so viel Geld verdient, die ehrlich gesagt nicht allzuviel geleistet haben. Ich war dabei, ich habe es gesehen. Meinen Respekt haben die Menschen, die sich einsetzen, nicht die aufgeblasenen Spesen-Ritter.
Wenn man die alten Philosophen liest, dann war die Welt auch vor 2000 Jahren nicht gerecht. Und ich persönlich habe gerade auch nicht die Möglichkeit, der Politik meine ganz persönliche Meinung zu geigen.
Aber ich glaube fest daran, daß wenn der Sturm ordentlich wütet, daß es dann um so wichtiger ist, daß wir in unserer Mitte sind. Mit einem klaren Wertekompass. Daß wir an unserem Platz in dieser Gesellschaft, in der Familie, im Freundeskreis unsere Aufgabe gut erledigen.
Es ist so wichtig wie nie, einen klaren Kopf zu bewahren. Sich nicht in diesen Irrsinn hineinziehen zu lassen. Ich blende die Welt nicht aus, aber ich begrenze den Zugang.
Was wir tun können? Das Ganze für uns gegenseitig irgendwie abpolstern. Wir werden uns öfter mal drücken, wir werden uns treffen und gemeinsam nähen und lachen. Wir werden unseren Konsum sehr kritisch überdenken und wir werden Kunst machen. Singen, lesen, schreiben, malen, nähen… was auch immer. Und wir werden Kunst und Handwerkskunst kaufen, um die Kreativen zu unterstützen. Wir werden unsere FreundInnen zu einem guten Essen einladen, wir werden mehr zusammensitzen, wir werden lachen, wir werden uns trösten. Wir im Speziellen werden gemeinsam im Ladeli schöne Dinge gestalten, wir werden weiter Neues lernen und uns an schönen Materialien erfreuen. Wir werden aufeinander achten und dafür sorgen, daß es uns selbst und den Menschen um uns herum gut geht. Wenn Jeder von uns das in seiner kleinen Welt tut, dann ist schon für Viele gesorgt. Wir werden uns nicht davon ablenken lassen, sondern weiter unsere Arbeit gut machen.
Ich habe in den letzten Jahren gelernt, wie wichtig und erholsam Schönheit ist. Schöne Dinge tun uns gut. Ich möchte gerne schöne Dinge gestalten und zeigen. Damit wir uns alle daran freuen können.
Wir werden hinsehen, aber uns nicht hineinziehen lassen. Wir werden unsere Meinung äußern, aber nicht mit Idioten sinnlos diskutieren. Wir werden unseren Wertekompass nicht verlieren. Der ist wichtig.
Was dieses ganze Geschrei möchte, ist, uns abzulenken von den wirklichen Problemen. Die Mieten sind hoch, die Bildungsgerechtigkeit niedrig. Die Liste der Probleme, die dieses Land hat, ist sehr, sehr lang. Und manche wollen uns weismachen, daß bspw. die Gendersternchen das Problem sind. Weil wir dann nicht über die echten Probleme reden. Die sind auch echt nicht leicht anzupacken. Das habe ich verstanden, aber genau das müßten wir.
Es gibt keine einfachen Lösungen für komplexe Zusammenhänge. Aber komplexe Zusammenhänge lassen sich so schwer verkaufen und erklären. Viel einfacher ist es, sich einen Sündenbock zu suchen und auf den einzuprügeln. Hatten wir schonmal, in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts.
„Wokeness“ ist in manchen Kreisen zum Schimpfwort geworden, es wird sehr verächtlich verwendet. „Woke“ heißt einfach wach, und manche würden uns gerne von den wirklichen Problemen ablenken, die hätten uns sehr gerne im Halbschlaf.
Ich werde wach sein. Ich werde genau hinschauen, was passiert. In meiner kleinen Welt, werde ich tun, was ich kann, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Wenn das JedeR von uns tut, ist schon ganz viel gewonnen.