This is me… mein wohl persönlichster Blogbeitrag
This is me
Vor 2 Wochen hat es mich gepackt… ich habe die neuen Tildas im Ladeli gehabt und habe so aus Jux einfach mal angefangen, ein paar fat-quarter zu kombinieren…und plötzlich hatte ich so eine schöne Farbkombination auf der Hand…ich hing am Haken und es gab kein Zurück mehr.
Das war absolut unvernünftig. Eigentlich hätte ich zu diesem Zeitpunkt drölfzig Millionen andere Nähprojekte machen sollen… Vorbereitungen für Kurse, Anleitungen fertig fotografieren usw.
Und von manchen der Stoffe, die ich da in der Hand hielt, gab es nur noch Mini-Reste. Das ist als Stofladen-Inhaberin nicht so schlau, damit ein großes Projekt zu nähen… weil ja dann im Normalfall die Anfragen kommen, daß Jemand GENAU diesen Quilt nachnähen mag… und das verstehe ich total! Na klar, wenn ich etwas direkt vor Augen habe, dann möchte ich das vielleicht auch haben, und ich kenne das auch von mir, wenn ich bspw. auf Messen einkaufe oder das Genähte von KollegInnen sehe… ich will das dann auch genau so.
Aber dieses Stoffbündel in meiner Hand wollte genäht werden. Und ich spürte etwas, was ich ein bißchen verloren habe… ich wollte das nur für mich, ganz für mich, so wie es mir gefällt nähen.
Ich mochte die Stoffe so sehr, das waren meine Lieblings-Tilda-Liberty-Westfalenstoffe, das war so sehr und so ganz genau meins… und auch wenn es ein bisserl unvernünftig war, weil es eben ein paar Stoffe nicht mehr genau so geben würde, den wollte ich machen, das war so sehr ICH!
Kennst Du das, daß man im Alltag manchmal sich selbst ein wenig aus den Augen verliert? Ich bin halt so mit dem Ladeli verwachsen, daß ich oft eher aus Laden-Inhaberinnen-Sicht denke. Ist ja nicht verkehrt, aber es war einfach Zeit für einen Quilt ganz und nur für mich.
Mir ist das in diesem Jahr schon auf der Messe in Köln durch den Kopf gegangen… ich kriege ja auch mit, was gerade in dieser Stoffwelt en vogue ist. Und dieses Mal gab es bei einigen Stoff-Lieferanten bereits komplett fertig vorgefertigte Quilt-Pakete, und dann nähen Hunderte Menschen das Gleiche. Oder es gibt die/den DesignerIN, und das ist dann der neue Renner… und alle kaufen es. Ich denke mir dann auch so meinen Teil, wenn ich dann ein paar Wochen später in Stoffgeschäften, die sich noch nie mit dem Thema beschäftigt haben, genau diese eine Trend-Serie sehe… das ist nicht authentisch, das kommt nicht von Herzen, da geht es nur ums Verkaufen. Und von diesen Serien hat mir Keine so wirklich gefallen, daß ich sie fürs Ladeli bestellt hätte… und wenn ein Stoff nur so ein „Ich-weiß-nicht-genau-Gefühl auslöst, dann ist es nicht meiner.
So wollte und will ich kein Unternehmen führen. Das, was in meinem Ladeli im Regal steht, das liebe ich. Dazu habe ich mir Gedanken gemacht, das paßt ins Gesamtkonzept und ich stehe zu 100% dahinter. Die Motive von Liberty und Westfalenstoffe gibt es zum Teil seit über 100 Jahren und diese Klassiker sind in ihrer Zeitlosigkeit das Nachhaltigste und Schönste… da kommt kein Trendstoff mit. Und ich ermutige jede KundIn, genau das auszusuchen und zusammenzustellen, was ihr gefällt. Nur dann wird es doch am Ende da eigene Projekt. Ich freue mich, wenn meine Anregungen aufgegriffen werden und natürlich sollten unsere Stoffpakete inspirieren… aber ich möchte etwas anbieten, das es so nur bei uns gibt. Es soll doch etwas Besonderes sein, Mainstream gibt es genug.
Als ich also dieses Stoffbündel in der Hand hatte, für das ich gerade wirklich keine Zeit hatte, und das aus betriebswirtschaftlicher Sicht mal echt überhaupt keinen Sinn machte, da blieb nur Eines… ich MUSSTE diesen Quilt nähen. Ich stellte mir im Ladeli an diesem Samstag alles zusammen, fuhr nach Hause und ehrlicherweise war ich platt wie eine Flunder, ich war einfach müde. Lange Woche, die Fahrt in die Schweiz mit 2 Tagen meeeega viel Input… (Danke, Iva) und mein Hirn war voll, weil wir diesen Monat noch Silberhochzeit haben würden undundund…
Zuhause lockte die Couch, aber ich dachte… komm`, eine halbe Stunde kannst Du ja mal starten. 4 Stunden später, ich war völlig abgetaucht mit Rollschneider, Nähmaschinen-Geratter und einem Podcast, kam mein Mann in mein Dachzimmer und fragte, wann ich das letzte Mal etwas getrunken hatte. Man ahnt es schon, das war zu diesem Zeitpunkt 4 Stunden her, ich war auf meiner Wolke gewesen und hatte vollkommen die Zeit vergessen.
Am nächsten Tag, dem Sonntag, stellte ich den Quilt fertig und ich habe ihn sofort geliebt. Für den Montag hatte ich ein Insta-Live angesetzt, und ich hatte den Quilt ja nicht geplant… aber das paßte dann ganz perfekt und ich konnte ihn präsentieren.
Ihr mochtet ihn sofort. Und Ihr habt so viele Materialpakete dafür bestellt, danke dafür! Und weil wir sehr schnell nicht mehr meine Original-Stoffe hatten, mußten wir hier austauschen und da verändern und so sind ganz individuelle Pakete entstanden.
Nach dem Insta-Live war das nächste Highlight meines Junis unsere Silberhochzeit.
Und dann hatte ich ein Wochenende in den Bergen gebucht, bei Esther von @ourlifeinthealps. Ein Foto-Retreat auf einer Almhütte… etwas abgelegen, nur zu Fuß erreichbar.
In der Ausschreibung hatte Esther geschrieben, daß wir versuchen würden, noch mehr den eigenen Stil zu finden.. oh, und das traf einen Nerv bei mir. Ich glaube, ich habe einen ruhigen Moment gesucht, um mal in Ruhe darüber nachzudenken, was ich eigentlich WIRKLICH will.
Ich habe das Ladeli jetzt ziemlich genau vor 9 Jahren eröffnet und habe immer weiter daran gearbeitet. Das war auch eine Menge Arbeit, und da ist ja auch meine Familie, die Kinder werden größer, Dinge verändern sich und auch der Gedanke, daß ich jetzt 25 Jahre mit meinem Mann verheiratet bin… es war mal Zeit für eine Bilanz und vielleicht auch neue Wege. Da ist eben auch viel Alltag und viel Kümmern um Andere in meinem Leben. Ich wollte einen Schritt zurücktreten, und mal wieder in Ruhe mich selbst spüren. Und meinen eigenen Gedanken ganz in Ruhe zu hören. Das ist nicht so einfach mit der Inspiration… der Alltag ist manchmal so laut, und dann kann man die kleinen, feinen, zarten Gedanken nicht so gut hören, die gehen dann im allgemeinen Steuerabgabetermin-und-ein-Marder-hat-sich-durch-die Ölleitung-geknabbert-und-was-haben-wir-eigentlich-zum-Essen-da-Gewurschtel unter.
Als ich in Steckborn in der Schweiz bei den Kursen von Iva Steiner bei Bernina war, habe ich in dem Hotel ganz mies geschlafen. Passiert mir sonst nie, schlafen kann ich prima. Ich erzählte am nächsten Tag Iva davon, und sie meinte, sie reist nie ohne ihre Quilts… Ach so. Da hätte ich ja auch mal drauf kommen können.
Als also der Retreat-Termin nahte, stand die Entscheidung… ich wollte meinen Quilt bei diesem Event als Foto-Motiv mitnehmen und ich würde auf dem Berg darunter schlafen. Das hieß auch, daß ich den Quilt zusätzlich zu meinem kompletten Gepäck auf diesen Berg schleppen mußte.
Dieses Wochenende war dann so, so, so viel schöner, als ich mir das je hätte vorstellen können. Das war ein toller Haufen Frauen, jede Einzelne habe ich so lieb gewonnen. Und ich will gar nicht so viel Erzählen, mir fehlen eh die Worte… ich zeige Euch hier die Bilder, die Esther @ourlifeinthealps und Mirijam @frauhollefotografie gemacht haben und die ich freundlicherweise hier nutzen darf.
Dieser liebevolle Umgang miteinander, und daß sich alle so viele Gedanken gemacht haben, wie man den Quilt gut zeigen und fotografieren könnte…. Das war so toll.
Und am Samstagabend, als wir ein gemeinsames Shooting geplant haben, da entwickelte sich aus dieser Gruppe heraus so eine Dynamik, da lag einfach Magie in der Luft. Ein Gewitter hing in der Luft, diese Bergwiese roch so würzig, alle haben gelacht und sich gedrückt und Bilder voneinander gemacht, Ideen gemeinsam entwickelt… und weil wir uns alle so mögen, haben wir uns getraut, uns zu zeigen. In aller Verletzlichkeit und Ehrlichkeit.
Und plötzlich wußte ich wieder ganz genau, warum ich einen schlichten und einfachen Quilt so liebe, und was mich wirklich ausmacht…
Ich liebe Schönheit.
Ich liebe Farben.
Ich liebe Dinge, die mit Liebe und Freude von Hand gemacht werden.
Ich liebe es, daß dieser Quilt noch meine Urenkel wärmen wird.
Ich liebe es, daß dieser Quilt an diesem Abend diese wunderbaren Frauen gewärmt hat.
Ich liebe es, wie Nina und Ini auf dem Quilt herumgehüpft sind, weil wir alle so übermütig und fröhlich waren und so herrlichen Quatsch gemacht haben…
Das ist ein Stück fürs Leben… zum Damit-Leben gemacht, nicht nur zum Schauen. Kann man waschen, los geht’s.
Ich habe mich an diesem Abend auf dieser Bergwiese so wohl und so frei gefühlt… ich stehe nicht so gerne vor der Kamera, aber an einem bestimmten Punkt habe ich Esther gebeten, ein Bild von mir zu machen, ich wollte den Moment festgehalten haben. Und Danke, Danke, Danke für diese Bilder von mir.
Mir ist in dem Moment klar geworden, daß dieser Quilt und ich zusammengehören. Das ist meiner und das ist so ganz meiner. This is me habe ich ihn genannt und das ist so.
Wir sind so oft kritisch mit uns selbst und sehen immer nur, was wir alles noch nicht geschafft haben. Ich kann das richtig gut, mir das ganz genau aufzählen.
Aber in diesem Moment, mit den nackten Füßen auf dieser Bergwiese, im Kreis dieser wunderbaren Frauen, mit diesen mächtigen Bergen um uns herum, in dieser unglaublichen Kulisse, da hatte ich dieses Gefühl ganz stark. Da habe ich mich gespürt und war ganz bei mir.
Das bin ich. So bin ich. Das macht mich aus und ich habe mich für ein Leben entschieden, in dem meine Familie und die Menschen, die ich mag, das Allerallerwichtigste sind. Ich liebe und suche die schönen Dinge im Leben. Ich lerne gerne und ich liebe es dieses Wissen weiterzugeben. Ich liebe es, in meinen Kursen, Workshops und Retreats, Menschen miteinander zu verbinden.
Ich habe das so gespürt, und ich habe verstanden, daß mich das ausmacht. Und daß es gut ist, daß ich in meinem Business mir selber treu bleibe. Und dass es wichtig ist, daß ich immer mal wieder einen Schritt zurücktrete und genau hinspüre, wo gerade der Weg hingeht.
Ich sehe meine Kinder größer werden und vielleicht wird irgendwann ein Enkelkind von mir eines meiner Urenkelkinder mit einem Quilt von mir zudecken.Vielleicht sagt das Enkelkind dann zum Urenkelkind:“ diesen Quilt hat Deine Uroma gemacht und ich habe schon als Kind damit gespielt“.
Und ein Teil von mir wird bei all` meinen Kindern und deren Kindern und deren Kindern sein. Im Herzen sowieso immer, aber so ist ein Stück, das ich in der Hand hatte, bei kommenden Generationen. Und ich kann sie durch die Zeit umarmen und wärmen, wenn ich schon lange nicht mehr da bin.
Die Suche nach Schönheit, die Verbindung durch die Zeit, die Verbundenheit mit den Generationen vor uns und nach uns… und diese Verbindung unter uns Frauen, die wir gemeinsam unsere Erfahrungen teilen, das ist so wertvoll.
Dieses Echte und Wahrhaftige, das habe ich da oben gespürt, so bin ich und dabei will ich bleiben. Ich habe mich da so wild und frei gefühlt, man ist da halt dem Himmel so nah und dann fällt es ein bißchen leichter, daran zu glauben, daß da etwas ist, das uns lenkt.
Das authentische Selbst ist eine Errungenschaft. Wir sind wir selbst als Kinder und dann beginnen wir uns, nach gesellschaftlichen Normen zu richten und passen uns an. Sich selbst wieder zu finden, zu spüren, was man liebt und das dann auch zu tun, das ist der Weg, der sich gut anfühlt.
Und deshalb muß mein Quilt auch genau so aussehen. Weil das ist meiner. Und das soll Kunst am Ende sein, daß sie Dir hilft, DICH zu zeigen. Genau so, wie Du bist. Und wenn der liebe Gott es gut mit dir meint, dann findest Du noch ein paar Menschen, die das genau so mit Dir fühlen und sich mit Dir freuen.
Danke, Esther @ourlifeinthealps und Mirijam @frauhollefotografie für die Fotos. Danke von Herzen.
Danke an Mirijam, Esther, Belinda, Aileen, Ini und Nina, Ihr seid Geschenke.