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Traditionen und moderne Zeiten

Das Nähzimmer hatte Geburtstag! 2 Jahre alt ist es geworden und das ist natürlich ein Anlaß für ein Fest!!!! Ich hatte riesig Lust mit Euch zu feiern…also habe ich den Laden hübsch (noch hübscher!!!) gemacht, im BioLaden Kürbisse gekauft und Kartoffeln, Baguette und Apfelkuchen, Secco und Traubensaft gab es beim Winzer nebenan. Grundzutaten für eine feine Kürbissuppe und einen gemütlichen Nachmittag. Bei einer (zwar nur virtuell aber deshalb habe ich sie nicht weniger gern) befreundeten Instagrammerin, Schwedenmarie, habe ich ausgesägte Igelchen bestellt und die Kinder durften mit den Yellow-Chair-Kreidefarben die kleinen Kerlchen designen. Adriana hat den ganzen Nachmittag geholfen, Stephi vom lillepetterhus hat bei den Vorbereitungen geholfen…

Es war ein wunderschöner Nachmittag, und ich habe mich sososo doll gefreut, daß Ihr alle gekommen seid oder liebe Glückwünsche geschickt habt.

Und ich glaube, daß sich alle wohlgefühlt haben…das ist einfach nur schön gewesen. Ich bin so dankbar, daß es so viele Menschen gibt, die verstanden haben, dass, wenn alle nur bei den großen Internethändlern bestellen, es irgendwann keine kleinen Lädchen mehr gibt. Und so ein Laden ist ja nicht nur ein Ort, um einzukaufen und etwas zu erledigen. In dem Dorf, in dem ich groß geworden bin, gab es eine kleine Bäckerei…ich sehe diesen Laden noch ganz deutlich vor mir. Das ist Dorfmittelpunkt, Treffpunkt, Kindheitserinnerung und ein Stückchen Kulturgut.

Klar, die Zeiten haben sich geändert…aber das wichtigste an Traditionen ist es, finde ich, daß man die guten Dinge bewahrt und den alten Mist hinter sich läßt. Es gibt einige Dinge, die ich in den 70ern und 80ern sehr schön fand…die insgesamt ruhigere Gangart des Alltags, damals gab es jede Menge gute, langfristige Jobs, weniger Zukunftsängste….

Aber ich finde, es gibt heute auch so viel Gutes. Gestern saß ich mit Yvonne von Mohntage im Zug (dazu gleich mehr) und neben uns saßen zwei Frauen, die gerade aus dem Urlaub nach Hause fuhren. Die beiden waren sehr nett, wir kamen ins Gespräch und irgendwann einmal saßen die zwei einfach nur da und hielten Händchen. Das hätte es vor 30 Jahren so nicht gegeben. Ich bin sehr dankbar dafür, in einer Zeit und einer Gesellschaft zu leben, wo das von einem Großteil der Menschen akzeptiert wird. Als ob es das früher nicht gegeben hätte…dann aber eher heimlch, was bestimmt ganz schön ätzend war. Zeiten, in denen man noch schuldig geschieden wurde, Männer erlauben mußten, daß Ihre Frauen arbeiten durften, sexuelle Gewalt in der Ehe keine Straftat war….als es noch Rassentrennung gab und all so einen Müll…nein, früher war nicht alles besser. Wirklich nicht. Und diese Ewigewig-Gestrigen, die dahin zurückwollen…die die Uhr zurückdrehehn möchten, die Kohleminen reaktivieren möchten und Protektionismus für eine gute Idee halten. Der Himmel möge uns vor diesen Idioten beschützen. Dieser trampelige Traditionalismus, der Wahlplakate macht, die ideologisch in die Dreißiger-Jahre des letzten Jahrhunderts gehören….das hat mit meinem Verständnis von Tradition nichts, aber auch gar nichts zu tun. Brauner Mist bleibt brauner Mist, auch wenn man ihn blau anmalt.

Jetzt bin ich etwas abgeschweift, aber an einem Wahltag ist Politik einfach präsent.

Traditionen sind etwas Wunderbares. Ich habe jetzt Kinder, die schon größer sind, und ich sehe, wie diese jungen Menschen Dinge von zuhause mit in die Zukunft nehmen. Die picken sich das heraus, was sie gut finden, und das werden sie weitergeben. Ich bin jetzt Mitte 40 und sehe die Vergangenheit und die Zukunft und mich selbst als Glied in einer Kette…und wir müssen uns sehr genau überlegen, dass der Alltag, den wir unseren Kindern vorleben, prägend ist.

Dazu gehören auch die vielbesprochenen Werte. Heute morgen habe ich auf instagram von meinem Besuch gestern bei der Hausmesse der Westfalenstoffe AG berichtet. Ich liebe diese Stoffe, und als ich wußte, dass ich ein Stoffgeschäft eröffnen würde, war das der erste Hersteller, den ich angeschrieben habe. Ich hatte ein Holz-Puppenbettchen…da schlief immer die Katze drin. Das stand direkt vor meinem Kinderbett, und meine Mama hatte aus Westfalenstoffen die Bettwäsche dazu genäht. Heute steht das Puppenbettchen vor dem Bett meiner Jüngsten. Es ist noch dieselbe, x-mal gewaschene Bettwäsche. Sieht noch prima aus. Es liegt eine andere Katze darin. Irgendwann wird das kleine Bettchen auf den Speicher gebracht. Ein bißchen staubgeschützt eingepackt. Und irgendwann holen wir es dann vielleicht wieder hervor und packen es aus. Für die nächste Generation.

Der Besuch in Münster in der Zentrale der Westfalenstoffe gestern war wieder einmal wunderschön. Eine sehr familiäre Atmosphäre, unglaublich freundliche Mitarbeiter…das ist etwas ganz Besonderes. Die Firma besteht seit über 80 Jahren und hat so viele Schätze im Programm…es geht nicht um kurzlebige Trends, keine EinhornAnanasFlamingo-Designs….Das sind Klassiker, wunderbar zeitlos, oft inspiriert von Paul Klee und dem Stil des “Bauhaus”…diese Muster kann man nach Jahren und Jahrzehnten noch sehen. So wie unser Puppenbettchen, ist das ein Teil vieler Familiengeschichten. Tischdecken, die im Alltag oder zu besonderen Anlässen aufgelegt werden, das Puppenkleidchen der Käthe-Kruse-Puppe meiner Tochter…diese Stoffe begleiten uns ein Stück.

Gestern durfte ich im Stofflager in Münster vor mich hinschauen und für den Laden Stoffe aussuchen. In diesem Raum gibt es ein geniales Oberlicht, es ist angenehm hell und man kann die Farben gut sehen. Es ist alles luftig, riecht gut und Du läufst Regalmeter um Regalmeter ab, schaust hier, fühlst da….hach. Schon arg schön.

Für die Händler gibt es jedes Mal ein leckeres Frühstücksbuffet…nichts abgehobenes, ganz bodenständig. Und der Vorstandsvorsitzende räumt auch mal eine Kaffeetasse weg…da habe ich gestaunt. Und ich wußte, hier bin ich richtig. Frau Mackenbrock setzte sich zu uns an den Tisch und es war ein schönes Gespräch…das ist etwas ganz Besonderes. Das ist das Bewahren von Traditionen im allerbesten Sinne.

Heute morgen bekam ich einen wunderbaren Kommentar auf meinen Instagram Post hin… Aennelie von “die kleine Krone” hat geantwortet: “Ich liebe Westfalenstoffe auch schon sehr lange…wir müssen wieder Werte vermitteln, weg von einer Wegwerfgesellschaft…der Bollerwagen von Westfalenstoffe rollt hier auch noch…mit unserem Enkelkind. Viele junge Näherinnen kennen Westfalenstoffe gar nicht, deshalb finde ich es gut, wenn wir diese Stoffe wieder aufleben lassen.” Liebe Aennelie, dem ist nichts hinzuzufügen.

Habt einen schönen Sonntag. Alles Liebe , Dunja

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