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Festival of Quilts in Birmingham

Es war Anfang April… das Wetter war mistig und ich konnte nichts im Garten wurschteln und an solchen Tagen sitze ich am Liebsten an der Nähmaschine oder ich sitze in Rumschlumpfklamotten auf dem Sofa mit Laptop, Büchern und Notizbüchern und mache mir so meine Gedanken. Und irgendwie kam ich auf die Website des Festivals of Quilts.

Ah, dachte ich, stimmt, das ist ja in Birmingham. Ne, geht nicht. Zu weit weg, mitten in den Ferien, ich fliege äußerst ungern. Das wird nix. Klang aber gut.

Klang sehr gut. Und bei einem Blick ins Workshop-Programm hing ich am Haken. Ich fing an, mir Kurse in den Warenkorb zu legen und Aussteller zu notieren, die ich gerne einmal persönlich kennenlernen würde. Und ein kurzes Telefonat mit meiner Kollegin Michi von wollverliebt, die eine erfahrene Zugreisende ist, klärte so Einiges.

Auf dann. Auf meinem Laptop waren nun die Tabs der Deutschen Bahn, national railway-service, Festival of Quilts, Air-Bnb geöffnet, dazu Seiten wie liberty-fabrics, alicecarolinefabrics, Carolina-Oneto….

Für jeden Menschen ist ja etwas Anderes stressig. Manche haben Angst vor Spinnen, Prüfungen, Höhe usw. Ich verreise nicht gerne an Plätze, an denen ich noch nie war und Fliegen ist für mich auch keine Freude. Und ich bin es auch überhaupt nicht mehr gewohnt, alleine zu reisen, die letzten Jahrzehnte waren wir immer als Familie unterwegs.

Und es gab ja jetzt keine absolute Notwendigkeit, dahin zu fahren, es zwingt mich ja nichts. Es ist ja auch nicht so, dass es mir zuhause und im Ladeli langweilig wäre. Eigentlich hatte ich auch keine Zeit… meine älteste Tochter wollte an dem Wochenende davor umziehen, der Messe-Termin war auch direkt eine Woche vor unserem Familienurlaub. Die Zweifel nagten dolle an mir. Nächstes Jahr? Ist bestimmt alles viel besser.

Und dann habe ich einfach gebucht. Eine kurze Rücksprache mit der Family, und ich drückte auf „Buchen“ und „Kaufen“. 

If you never have the time, you will never have the time. Nächstes Jahr ist es auch nicht anders, richtig? Irgendwas ist ja immer.

In der Woche vor meiner Abfahrt war mir schon ein bißchen mulmig. Bißchen sehr. Aber da war es ja dann auch schon zu spät. Ich habe mir einen Rollkoffer gekauft und an einem Mittwochmorgen stand ich am Bahnsteig.

Die Zugfahrt war einfach nur aufregend und wunderschön. Ich habe weder gelesen noch genäht oder handygedaddelt. Ich habe entweder aus dem Fenster geschaut oder mich mit SitznachbarInnen unterhalten. Ich bin Menschen begegnet, denen ich sonst nie begegnet wäre. 

Wenn man in London mit dem Euro-Star ankommt, dann ist das an der Station London-Euston. Meine Weiterfahrt nach Birmingham startet aber in London St. Pancras. Ich hatte mir das vorher auf Google angeschaut und da sah es so aus, als ob ich 400 m zu Fuß zu laufen hätte. Kein Ding, dachte ich.

Leider war es nicht so. Ich mußte in Euston  von der Ebene der international trains in die Ebene der Underground hechten, dort eine Station zu St. Pancras düsen und dann dort wieder eine Ebene nach oben zu den national trains hopsen… in einer Umstiegszeit von 18 Minuten. Im Londoner Berufsverkehr. Das habe ich so gut hingekriegt… ich habe mich durchgefragt, habe mich blitzartig erinnert, wie  die Londoner underground funktioniert, Zackzack in Ticket gekauft und mich an den beiden Stationen im dichtesten Gewimmel durchgewurschtelt.

Und als ich dann gerade noch so den Zug nach Birmingham erwischt hatte und leicht keuchend mein Gepäck in den Waggon gewuchtet habe, da war ich sehr, sehr zufrieden mit mir. Ich hatte wirklich Muffensausen, ob ich das alles gut hinkriege und in dem Moment wußte ich, daß ich das wirklich tipptopp gemanaged habe. Und in dieser Sekunde hatte sich die ganze Reise schon gelohnt. Weil mir das so einen Schub in meinem Selbstvertrauen gegeben… ich werde nie, nie wieder über mich sagen, daß ich eine schlechte Reisende bin. Ich bin sehr, sehr gerne zuhause, in meinem Ladeli und mich zieht es einfach nicht so in die Ferne. Aber ich konnte mir in so einer Situation prima helfen. Ich weiß jetzt, daß ich mich zurechtfinde und möchte meinem Englisch-Lehrer, Herrn Kuen nachträglich für den hervorragenden Unterricht danken.

Es ist schon so, wie mein Opa gesagt hat:“Was man im Kopf hat, das kann Dir Keiner nehmen“. 

Deshalb bin ich nach Birmingham gefahren und mußte nicht lange überlegen… ich wollte lernen – neue Impulse bekommen, Neues sehen, sehen, was Andere arbeiten, und das in aller Ruhe.

Im Zug habe ich darüber nachgedacht, weil plötzlich auf Instagram Nachrichten reintickerten:

„Das würde ich niemals alleine machen“.

Eine sehr, sehr liebe Freundin hatte sogar gemeint, sie käme gerne mit nach Birmingham. Das ist eine Freundin, mit der ich auch sehr, sehr gerne gemeinsam nähe. Aber ich habe ihr in aller Liebe abgesagt. Weil ich das Ganze in meinem Tempo machen wollte. Weil ich meinen Kopf ganz für mich haben wollte… ohne eine Frage, ohne einen Kommentar… ich wollte mich selbst denken hören. Seit 23 Jahren bin ich Mama und wir hatten immer Jubeltrubelheiterkeit mit Kindern, Freunden, Hund und Katze… ich wollte einfach mal ganz in meinem Kopf sein.

Ich habe es so genossen, mich in dieser wunderbaren Quilt-Ausstellung wie in einem Museum vor einzelne Quilts zu setzen und nur zu schauen. Das habe ich einen ganzen Tag lang getan. Das war so ein unvorstellbarer Luxus an Zeit.  

Aber wenn man sich nie die Zeit nimmt, wird man nie die Zeit haben. 

Manchmal hat sich noch Jemand zu mir auf das Bänkchen gesetzt und wir kamen ins Gespräch. Ich habe mit so reizenden Frauen gesprochen, und eine Dame meinte, als wir aufstanden, daß wir jetzt mit unserem Gespräch die Welt ein wenig gerade gerückt hätten. Das war sehr süß. 

Am ersten Tag hatte ich einen Ganztagesworkshop bei Carolina Oneto. Carolina und ich kannten uns bereits von Instagram und ich hatte an dem Tag das Glück, neben Annette zu sitzen. Annette ist eine pensionierte Geographie-Lehrerin aus Südengland. Und sie hat mir einfach immer nur Mut gemacht. Improv-Quilting war der Workshop-Titel und Carolina hat nicht lange gefackelt. Wir starteten direkt mit einem Kurs über Farbtheorie und an dieser Stelle auch einen lieben Dank an meine Kunstlehrerin… sie hatte den Grundstein gelegt und mit Carolinas Erläuterungen zum Farbkreis, da gingen bei mir im Hirn alle Glühbirnen an. Jetzt habe ich es verstanden. Hier ist meine Farbwahl für den Kurs:

Beim Improv-Quilting schneidet man frei, ohne Lineal… zumindest in Carolinas Kurs. Das hat ein bißchen Mut gebraucht und es war so gut, daß Annette neben mir einfach mit den Schultern gezuckt hat und beherzt in Ihren Stoff geschnitten hat. Das hab` ich dann halt auch gemacht. Der Moment, in dem ich mich zu Beginn des Kurses so unsicher gefühlt habe, hat mir wieder sehr deutlich klar gemacht, wie man sich fühlt, wenn man etwas Neues lernt und einfach erst einmal unsicher ist. Das geht meinen Workshop-TeilnehmerInnen ja oft genau so!

Carolina hat den Kurs superschön und strukturiert geleitet und an diesem Abend war ich völlig fix und alle… ich bin so froh, daß ich mir ein Aitr-Bnb außerhalb gemietet habe… nach einem ganzen Tag in den Messehallen mit künstlichem Licht und ohne frische Luft, da kannste mich wegwerfen… das bin ich nicht gewohnt. Ich lebe am Feldrand, mein Laden hat große Fenster und ich brauche dieses Gefühl von Weite und Ruhe… das kleine Örtchen war nur 3 Bahnstationen weiter und vom Bahnhof waren es 20 Minuten zu gehen. Aug halbem Weg gab es eine kleine Ladenstraße mit Coffee-Shops, Restaurants und einem Tesco-Supermarkt, da habe ich meine Verpflegung organisiert. Und in meinem Air-Bnb gab es ein fantastisches Sofa mit einer reizenden Ecke… Ich bin da schlicht und einfach eingepennt. Abends um halb acht. Das ist besonders schön, wenn man dann völlig gerädert um halb zwei mit steifem Nacken aufwacht. Aber ja. Und dass das Air-bnb in der Needler`s Lane war, war wirklich lustig!

Am Freitag hatte ich den ganzen Tag Zeit, um mir die Aussteller anzuschauen… und ich hatte mich mit KollegInnen verabredet, darauf habe ich mich auch mega gefreut. Jetzt war ich ja auch schon perfekt eingegrooved und kannte den Weg vom Air-Bnb zur Messehalle ohne nachdenken zu müssen.

Mein erster Weg führte mich morgens zu liberty-Fabrics… Mein Gott, was waren die Quilts schön! Und die Stoffe. Seufz.

Mit Millie bin ich aktuelle und neue Kollektionen durchgegangen und davon wird der ein oder andere Stoff seinen Weg ins Nähzimmer finden, ich konnte direkt bestellen. Liberty-Händlerin zu sein macht mich wirklich, wirklich stolz, das sind einfach traumhafte Stoffe. Und diese Quilts!!!

Danach hatte ich ein Gespräch mit Kolleginnen an verschiedenen Ständen und bin dann schlimm versackt bei einem riesigen, riesigen Stand, an dem Quilt-Bücher aller Art angeboten wurden. Ich war da sehr, sehr lange. Und danach war ich um einige Pfund leichter.

Und es gab auch einen fantastischen Stand mit den wunderbaren Tilda-Stöfflis…

Mittagessen mit Nico @nicos_bug_and_bee und Anna von @anna_macht war dann das nächste Highlight und ich habe @alissaquilts getroffen…. Das war richtig schön. 

Und abends bin ich wieder direkt in der Sofa-Ecke eingeschlafen.

Den Samstagvormittag habe ich komplett auf den Bänkchen in der Galerie verbracht. Auf der Instagram-Seite des @festivalofquilts kannst Du die diesjährigen PreisträgerInnen und auch Quilts der Ausstellungen sehen. Ich habe natürlich auch Bilder gemacht, die zeige ich am Ende des Beitrags.  Uuuuund auch auf meinem Instagram gibt es ein Highlight das Festival of quilts, kurz Foq heißt.

Mit Karen, Lynne und Jo von @threadhouse.uk bin ich auf Instagram schon lange verbandelt. Das war so schön, die KollegInnen mal persönlich zu treffen…

Am Nachmittag habe ich noch zwei Vorlesungen besucht… in der Einen ging es darum, wie man Zugang zur eigenen Kreativität findet und Jane Haworth berichtete über Ihre Entwicklung der letzten Jahre… niemand startet als Experte und es war spannend, Ihre Arbeiten zu sehen. Auf Instagram heißt sie @janehquilter, falls Du Dir das mal anschauen möchtest.

Eine weitere Vorlesung hörte ich bei Annie Gianini-Godfrey, auf Instagram @hustle.well zum Thema Branding und Marketing für Handarbeits-Unternehmen… es ist immer so spannend, die Sichtweise Anderer zu sehen… genau dafür sind solche Treffen ja fantastisch.

Ah. Und dann habe ich noch einen Workshop im Handquilten bei @lesliequilts belegt. Kleinere Teile habe ich schon handgequiltet und auch hier wollte ich einfach mal sehen, wie es denn die Anderen machen. Die Herangehensweisen sind immer unterschiedlich, das macht es ja so spannend. 

Ich bin so froh, daß ich diese Reise gemacht habe. Ich fühle mich in so vielen Punkten jetzt viel sicherer und ich weiß, daß ich schon irgendwie zurechtkomme. Ich glaube, Jede-/r von uns hat so seine Punkte, wo man sich vielleicht zu wenig zutraut. Ich habe es einfach gemacht und es ist alles gut gegangen.

Ich habe wunderbare Frauen kennengelernt, so inspirierende Gespräche geführt. Ich habe wunderwunderschöne Quilts gesehen, die so unterschiedlich in Technik und Aussage waren.

Und hier noch ein paar Bilder zum Genießen: 

Dieser Quilt ist ein absolutes Meisterstück von Penny Jeffries:

Die folgenden Quilts kannst Du auf der Seite des Festival of quilts genauer beschrieben sehen. Ich wollte einfach die Unterschiedlichkeit einfangen, ganz ohne zu bewerten. Ich lieb` die irgendwie alle. Das Ausstellungsverzeichnis mit Erläuterungen liegt in den nächsten Wochen im Ladeli, wenn Du weiter weg wohnst und zu einem speziellen Quilt Fragen hast, melde Dich gerne bei mir.

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